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„Der Stress ist weg“ – Wie SCRUM in der Elektrokonstruktion zu mehr Agilität und zufriedene Mitarbeiter führt

Großprojekte mit zahlreichen Besonderheiten sorgten in der Elektrokonstruktion des Intralogistik-Spezialisten Remmert regelmäßig für Arbeitsstress. Aus eigenem Antrieb führte die Abteilung daraufhin die aus der Softwarebranche bekannte Projektmanagementmethode SCRUM ein. Nach vier Jahren Erfahrung mit der agilen Arbeitsweise kann sich das Ergebnis sehen lassen.

„Wir verstehen uns als Dienstleister“, fasst Fabian Spanier das Selbstverständnis seiner Abteilung in einem kurzen Satz zusammen. Der 36-Jährige hat bei dem Intralogistik-Spezialisten in Löhne Elektroniker für Betriebstechnik gelernt und sich nach einer berufsbegleitenden Weiterbildung zum Techniker im Unternehmen hochgearbeitet. Seit zwei Jahren leitet er die Abteilung Elektrokonstruktion bei der Remmert GmbH. Das Unternehmen hat sich auf automatisierte Lager- und Automatisierungssysteme für das Handling von Blechen in der Metallverarbeitung und von Langgut wie Stahl- und Aluminiumprofilen spezialisiert.

Mit einem Team von derzeit fünf  Elektrokonstrukteuren werden alle Kundenprojekte elektrotechnisch geplant. Dazu gehört beispielsweise die Erstellung von Übersichtszeichnungen, Stromlaufplänen, Aufbauplänen und Stücklisten für die in den Lager- und Automatisierungssystemen verbauten Komponenten wie Leitungen, Schalter, Sensoren und SPS-Steuerungen. Diese wichtige Planungsarbeit dient anderen Abteilungen wie dem Einkauf und der Vormontage. Aber auch andere Unternehmensbereiche greifen regelmäßig auf das Know-how der Abteilung zurück. „Wir haben häufig Rückfragen aus dem Service, zum Beispiel während der Montage, oder müssen Machbarkeitsanalysen für spezielle Kundenwünsche erstellen“, erklärt Spanier. Und genau das führte noch vor wenigen Jahren immer wieder zu unerwarteten Unterbrechungen.

Stresspegel wuchs mit Großprojekten

Bis 2020 war die Abteilung so organisiert, dass jedes Projekt von Anfang bis Ende von einem Mitarbeiter begleitet wurde. "Bei Großprojekten mit mehreren Regalbediengeräten kommen da schon mal einige hundert Stunden zusammen", fasst Stefan Storck, der seit über 30 Jahren in der Elektrokonstruktion bei Remmert tätig ist, den Arbeitsaufwand zusammen. "Man fängt langsam an und zu Beginn des Projekts ist auch alles kein Problem. Da fallen auch andere Tätigkeiten, die dich für ein paar Minuten aus der Arbeit reißen, nicht negativ auf. Das zeigt sich immer erst am Ende des Projektes, wenn die Pufferzeit schon aufgebraucht ist.” Das habe dazu geführt, dass sich Projekte verzögerten und der Stresspegel regelmäßig stieg. 

Die sehr umfangreichen Arbeitspakete und die häufigen Unterbrechungen waren für die beiden Elektrotechnik-Spezialisten die größten Probleme, die es zu lösen galt. Ein Buch brachte sie letztendlich auf die richtige Lösung. „Stefan hatte bereits vor Jahren über eine Tagung vom VDMA Kontakt zum Thema Scrum. Er wusste aber noch nicht, wie man das in der Hardwarekonstruktion umsetzen könnte. Später hat er das Buch ‚Die Kraft von SCRUM‘ gelesen und mir empfohlen. Wir haben uns dann Gedanken gemacht, welche Elemente daraus für uns relevant sind“, erzählt Fabian Spanier.

Die Kraft von SCRUM

SCRUM ist eine Methode des agilen Arbeitens, die sich vor allem in der Softwareentwicklung etabliert hat. „Mit Scrum zerlegen wir große Projekte in kleine, überschaubare Arbeitspakete. Dadurch können wir den Zeitaufwand viel realistischer einschätzen und Abweichungen schon in frühen Projektphasen erkennen“, beschreibt Spanier den neuen Ansatz. In wöchentlichen Sprint-Meetings werden die Arbeitspakete für die kommende Woche gemeinsam geplant und projektübergreifend auf das gesamte Team verteilt. „Wir haben nicht mehr die monogame Projekt-Mitarbeiter-Beziehung, sondern der Fokus liegt immer darauf, dass die anstehenden Arbeitspakete in der vorgegebenen Zeit erledigt werden. Die Projektverantwortung liegt dann beim Team und nicht mehr beim Einzelnen“. Zusätzlich trifft sich die Abteilung über Teams-Meetings täglich in kurzen ‚DailyScrum‘-Besprechungen. „Was habe ich seit gestern erreicht? Was werde ich heute erreichen? Was blockiert mich? Jeder weiß, woran der andere gerade arbeitet. So können wir uns auch im Krankheits- oder Urlaubsfall viel effektiver vertreten. Jede Störung im Projektablauf fällt somit unmittelbar nach deren Entstehung auf und wir können zeitnah reagieren“, so Spanier. Alle Arbeitspakete werden fortwährend dokumentiert und abschließend archiviert. „So sammeln wir Erfahrungswerte, auf die wir in Zukunft bei ähnlichen Projekten zurückgreifen können.“

Störfaktoren ausschalten

Obwohl die Unterstützung anderer Abteilungen in elektrotechnischen Fragen eine der Hauptaufgaben der Elektrokonstruktion ist, wurden diese Unterstützungsleistungen vom Team als Störfaktoren identifiziert. „Oft sind es einfache Rückfragen, die vielleicht nur ein paar Minuten in Anspruch nehmen. Die eigentliche Störung ist aber die Unterbrechung an sich, also aus der Arbeit raus und wieder rein“, beschreibt Fabian Spanier das Problem. Um die Teammitglieder davon zu befreien, wurden zunächst klare Kommunikationswege und -regeln auch mit anderen Abteilungen festgelegt. Supportanfragen werden nun wie Service-Tickets behandelt und bearbeitet. Dazu wurde auch der ‚Customer Care Service‘ als rollierende Funktion im Team etabliert. „Wir legen für jede Woche fest, wer sich im Team zentral um die 1st- und 2nd-Level-Supportanfragen kümmert. So können sich die anderen Kollegen auf ihre Kernaufgaben konzentrieren.“

Darüber hinaus werden alle Supportleistungen im gleichen Maße wie die Arbeitspakete gewissenhaft dokumentiert. Durch die Dokumentation der Störungen ergibt sich auch die Möglichkeit der Analyse. Dazu werden die Supportleistungen klassifiziert Im nächsten Schritt werden aus den gesammelten Daten Maßnahmen abgeleitet, mit dem Ziel einer weiteren Reduzierung der Unterbrechungen. Dieses leistet einen Beitrag zu einer stressfreien und konzentrierten Arbeitsatmosphäre.

Deutliche Entlastung der Mitarbeiter

Seit vier Jahren arbeitet die Abteilung nun schon nach der SCRUM-Methode und Fabian Spanier und Stefan Storck sind mit den Ergebnissen sehr zufrieden. „Früher wussten wir oft nicht, wann ein Auftrag fertig sein würde, so dass angrenzende Abteilungen auf uns gewartet haben. Das gibt es jetzt nicht mehr, wir sind immer aussagefähig und damit auch sehr verbindlich. Auch dass wir Termine nicht einhalten können, kommt nur noch sehr selten vor und ist dann meist auf externe Einflüsse zurückzuführen. Dies fällt insbesondere durch die ‚DailyScrum‘-Besprechungen sehr frühzeitig auf.“, fast Spanier die Ergebnisse zusammen. Obwohl der Arbeits- und Termindruck in den letzten Jahren eher zugenommen hat, ist eine deutliche Entlastung zu spüren, stellt Stefan Storck fest. „Wir haben gesehen, dass wir Aufgaben über Aufgaben hatten, mit sehr knappen Terminen, aber das hat der Einzelne gar nicht gemerkt, weil die Arbeitspakete alle in der jeweiligen Woche erledigt wurden. Wir haben überhaupt keinen Stress mehr!“

Die EK, wie die Elektrokonstruktion intern genannt wird, hat bereits Ansätze und Ideen, wie aus der derzeit reinen Arbeitsplanung eine Kapazitätsplanung werden kann. Außerdem soll die Abhängigkeit von bestimmten Fachabteilungen durch gezielte Maßnahmen verringert werden, um die Anzahl der Supportanfragen zu reduzieren. So soll mehr Zeit für die Projektarbeit und Neuentwicklungen frei werden, eine weitere wichtige Aufgabe des EK-Teams, die Stefan Stork besonders am Herzen liegt. „Die Welt der Elektrotechnik ist sehr dynamisch. Es gibt ständig neue technologische Entwicklungen, die wir uns anschauen und prüfen. Wenn sich daraus ein Vorteil für uns ergibt, wollen wir das natürlich umsetzen.“

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